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  Tragende Bäume
 

Tragende Bäume

 

Der Blick des jungen Mädchens schweifte über das Grün der Bäume des kleinen Parks, die ihre immer wieder kehrenden Gedanken wie ein Schwamm aufsaugten. Kein Wunder, dass die Blätter unter dieser Last hinabfielen. Diesen Ort der Ruhe hatte sie erst vor wenigen Tagen entdeckt und seitdem kehrte sie immer wieder hierher zurück. Vielleicht war es gar nicht gut, wenn sie hier alleine saß. Umso mehr Zeit hatte sie über die Gegebenheiten der Tage nachzudenken. Immer wieder die selben Fragen, auf die sie ohnehin keine Antwort fand. Was brachte ihr das? Besser wäre Ablenkung gewesen. Allerdings war sie schon immer ein Mensch gewesen, der sich viel zu viele Gedanken gemacht hatte. Wieso sie dies nicht ändern konnte, wusste sie selbst nicht. Immerhin erschien objektiv gesehen alles egal, was sie als Problem ansah. Wenn sie an vergangene Zeiten dachte, in der Krieg, Verfolgung und Mord geherrscht hatten, wieso machte sie sich dann wegen einem Kerl so viele Gedanken? Eigentlich war es doch völlig egal. Einer ging, der nächste kam. Sie nahm dadurch ja keinen Schaden, auch wenn ihr Herz in diesem Moment etwas anderes sagte. Menschen machten sowas andauernd durch und das seit Anbeginn der Zeit. Es gehörte zum Darsein des Menschen dazu. Vielleicht konnte sie deshalb nichts daran ändern. Immer wieder das sich im Kreise drehende Denken mit der Frage, was sie tun sollte: Sollte sie es einfach sein lassen? Sollte sie einfach alles auf eine Karte setzen? Sollte sie warten, bis er was tat? Für einen Moment schloss das Mädchen die Augen, um den Bäumen nicht auch noch diese schwere Last aufzubürden. Sie wusste es nicht, sie wusste es einfach nicht und da lag das Problem. Sie wusste nicht, was das beste war. In dem einen Moment erschien ihr das eine richtig, im anderen erschien ihr genau das Gegenteil richtig. Abstand gewinnen war die eine Sache, den Abstand ertragen das andere. In Wirklichkeit war alles nur Schein, wissen konnte sie rein gar nichts. So war es halt mit dem Herzen. Die Tatsache, dass es vielen anderen genauso erging wie ihr, war nur ein ganz kleiner Trost. Ihrem Cousin passierten die selben Dinge, der Freundin ähnliche, der Nachbarin viel schlimmere. Egal, wohin sie sah, sie war mit diesen Dingen nicht alleine, und dennoch stand jeder von ihnen alleine im Park und ließ die Bäume daran teilhaben. Stille Gesellen, die nur mit ihrem uralten Vorhandensein Trost spendeten und das seit Jahrhunderten. Bäume, die ihr als Kind Trost spendeten, die ihr in der Gegenwart Trost spendeten und die ihr auch zukünftig Trost spenden würden. Egal womit sie zu ihnen kommen würde.

 

Copyright Nina B.

 
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